Antiimperialistische Demo: Redebeitrag Bfa!

Rede von Bfa! an der Antiimperialistischen Demo, die am 12. Oktober 2024 in Bern stattfand. Unter der Parole «Gegen Krieg und Genozid – für Befreiung von Abya, Yala über Kongo, Kurdistan, Palästina, Tamil Eelam bis in die Philippinen» hatte das DIA-Kollektiv zusammen mit KJ Bern, Lotta, Bern for Palestine und orghan zum Protest aufgerufen. Bfa! konnte sich mit einer Rede beteiligen:

Rede

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«Das imperiale Europa investiert mit Unterstützung der Schweiz Milliarden in die Aufrüstung und Militarisierung seiner Aussengrenzen. Der Begriff «Festung Europa» ist schon lange keine Metapher mehr, sondern stählerne Realität, ausgestattet mit Wärmebildkameras und Bewegungssensoren. Doch der Begriff ist auch trügerisch. Denn der Einfluss der europäischen Abschottungspolitik reicht weit über die Mauern der Festung hinaus.

Dort wo Drohnen, Stacheldraht und Schallkanonen noch nicht hinreichen, wird Diplomatie zur Waffe im Kampf gegen die sogenannt irreguläre Migration – sprich: gegen die Migration von rassifizierten Menschen, deren Freiheit und Selbstbestimmung im imperialen Normalbetrieb nicht vorgesehen sind. 

Im Austausch gegen einen minimalen Zugang zum gestohlenen Reichtums Europas – sei es durch Visa-Erleichterungen, Handelsabkommen oder sogenannte Entwicklungszusammenarbeit – werden Staaten entlang der Fluchtrouten dazu verpflichtet, die Drecksarbeit der europäischen Todespolitik zu verrichten.

Im imperialen Jargon nennt sich das «Externalisierung der Grenzen». Grenzen – auch externalisierte –schaffen Zonen der Ausbeutung und der Überausbeutung. Grenzen schaffen ungleichwerte Menschen mit ungleichen Rechten und Möglichkeiten. Grenzen sichern imperiale Lebensweisen. Die Verteidigung der Grenzen ist denn auch eine konstante Obsession imperialistischer Kräfte.

Die Auswirkungen dieser Obsession treffen diejenigen mit brutaler Härte, die der Zerstörung, der Armut und der Aussichtslosigkeit, welche Jahrhunderte kolonialer Herrschaft hinterlassen haben entfliehen wollen. Gewalt, Elend und Tod sind auf den Flucht- und Migrationsrouten zum Alltag geworden. Seit 1993 sind über 60’000 Menschen beim Versuch nach Europa zu gelangen ums Leben gekommen.

Für die europäische Migrationspolitik ist diese masslose Gewalt kein Fehler, sondern Teil der Strategie. Eine Strategie, die Armut, Instabilität und autoritäre Machtapparate für die eigenen Ziele instrumentalisiert. Einer Strategie der Abschreckung um jeden Preis. Eine Strategie des Wegschauens, und des Sterbenlassens. 

Zur zynischen Logik dieser Strategie gehört auch die laute Bestürzung, wenn vereinzelte Tragödien im medialen Mainstream Schlagzeilen machen. Oder die ritualisierten Verweise auf die sogenannte «Humanitäre Tradition», die leeren Versprechen, dass die Grundrechte schon eingehalten werden. Oder die öffentlichkeitswirksame Vergabe von humanitären Visas für sogenannt «echte Flüchtlinge».

Rhetorische Gesten und humanitäre Symptombekämpfung erlauben einer primär weissen privilegierten Klasse, die strukturelle Gewalt zu ignorieren, die dem Erhalt ihrer Privilegien dient. Und wenn sich die Gewalt zwischendurch mal nicht ignorieren lässt, dann wird sie als alternativlos dargestellt.

Befreiungskämpfe sind Kämpfe gegen diese vermeintliche Alternativlosigkeit. «Free Palestine», «Free Congo», «Kein Mensch ist illegal», «Climate Justice Now» oder «No Borders, No Nations» sind Perspektiven, die über das nackte Überleben hinausgehen. Wir brauchen dringend solche Perspektiven.

Die Gruppe Bewegungsfreiheit für alle möchte der aktuellen Politik der Abschottung und des Sterbenlassens die Perspektive Bewegungs- und Bleibefreiheit für alle entgegenstellen.

Bewegungsfreiheit und Bleibefreiheit für alle bedeutet: Nieder mit der imperialen Logik des Schengener Systems. Europäische Staaten haben den Schengenraum zur Festung ausgebaut. Uns wird gesagt, dass die Freiheiten anerkannter Bürger*innen im Schengenraum nur möglich sind, wenn der Zugang zum Schengenraum exklusiv bleibt. 

Bewegungsfreiheit und Bleibefreiheit für alle bedeutet: Nieder mit dem rassistischen Sicherheitsbegriff. Unter dem Vorwand der «Sicherheit» werden Grenzen dichtgemacht und aufgerüstet. Unter dem Vorwand der «Sicherheit» werden nicht-weisse Migrant*innen zur Bedrohung erklärt, um sie dann gewaltvoll zurückzuweisen, auszuschaffen, einzusperren, oder einfach dem Tod zu überlassen. 

Bewegungsfreiheit und Bleibefreiheit für alle bedeutet: Nieder mit der kolonialen Ausbeutung. Europäische Staaten rauben seit Jahrhunderten die Ressourcen im Globalen Süden. Sie nutzen Mensch und Natur aus und zerstören Lebensgrundlagen. Sie zwingen damit Menschen zur Flucht, werden selbst zur Fluchtursache.

Bewegungs- und Bleibefreiheit für alle stellt der europäischen Todespolitik eine Politik für alle entgegen. Bewegungs- und Bleibefreiheit für alle stellt dem Narrativ von Migration als Bedrohung die Perspektive einer Gesellschaft der Vielen entgegen.
Bewegungs- und Bleibefreiheit für alle bedeutet: Sicherheit für alle.
Bewegungs- und Bleibefreiheit für alle bedeutet: Eine Politik, die auf der Erkenntnis aufbaut, dass unsere Befreiung mit der Befreiung aller und jedes einzelnen auf der Welt verbunden ist.»