Über Bfa!
Die Gruppe Bewegungsfreiheit für alle (Bfa) organisiert sich, um die vorherrschenden Todespolitiken nicht mehr hinzunehmen. Wir kämpfen für Bewegungs- und Bleibefreiheit sowie soziale Gerechtigkeit und Klimagerechtigkeit für alle. Was unsere politische Gruppe zusammenbringt, sind Comradeship und Kompliz*innenschaft auf der Grundlage von politischen Perspektiven und strategischen Zielen. Es sind weniger gemeinsame Identitäten, soziale Positionen oder Zugehörigkeiten. Wir möchten uns mit Personen organisieren und mit Gruppen vernetzen, die diese Perspektiven und Strategien unterstützen und motiviert sind, zusammenzuspannen.
Politische Perspektiven
Der Todespolitik stellen wir eine Politik für alle entgegen. Hierfür braucht es einen ökologisch und sozial lebenswerten Planeten mit solidarischen, gleichwertigen und befreiten Gesellschaften. Aus diesen Gründen kämpfen wir für Bewegungs- und Bleibefreiheit sowie soziale Gerechtigkeit und Klimagerechtigkeit.
Bewegungsfreiheit
Bewegungsfreiheit für alle ist die Möglichkeit, selbstbestimmt gehen und ankommen zu können. Dafür müssen Grenzen, Zäune und Herrschaftsverhältnisse überwunden werden. Denn während eine Person mit einem Schweizer Pass nur für 22 Staaten ein Visum beantragen muss, kann eine Person mit afghanischer Staatsangehörigkeit ohne Visum nur in 6 Länder reisen. Für 158 Länder muss sie ein Visum beantragen.
Die meisten Menschen aus Europa erhalten für fast alle Staaten weltweit ein Visum und können sich sehr frei bewegen. Gleichzeitig ist die Bewegungsfreiheit für Menschen aus dem Globalen Süden stark eingeschränkt. Je mehr sie sich Richtung Europa bewegen, desto stärker sind Reisen aus Neugier, Migration für Arbeit und sogar Flucht illegalisiert, extrem gefährlich und unbezahlbar teuer.
Bleibefreiheit
Bleibefreiheit erfordert zugängliche Orte, an deinen kein Weggehen nötig und ein gutes Leben möglich ist.
Wer nach Europa flüchtete muss sein «Recht» auf Bleibefreiheit in zermürbenden Verfahren prüfen lassen. Wenn Behörden Gesuche als nicht hinreichend beurteilen, werden die Personen weggewiesen und ausgeschafft – oftmals unter Zwang und Gewalt. Wer nicht ausgeschafft wird, landet in der Nothilfe – einem krankmachenden System, das geprägt ist von Armut, Perspektivenlosigkeit und Isolation. Auch für Menschen, die nach Europa migrieren, ist die Bleibefreiheit nicht gesichert: prekäre Aufenthaltsstatus oder die Verknüpfung von Aufenthaltsgenehmigungen und Sozialhilfeleistungen führen zu grossen Unsicherheiten. Die Bleibefreiheit von Menschen wird nicht nur durch Staaten des Globalen Nordens eingeschränkt. Vor allem in Regionen des Globalen Südens führt die Klimakrise dazu, dass ein Bleiben unmöglich wird.
Für die Freiheit zu Bleiben braucht es den Erhalt und Schutz der Lebensgrundlagen aller. Hierfür müssen koloniale Ausbeutungsverhältnisse, Klimazerstörung und Rohstoffausbeutung bekämpft werden.
Soziale Gerechtigkeit
Bewegungs- und Bleibefreiheit gehen einher mit weltweit befreiten, solidarischen und gleichwertigen Gesellschaften und Beziehungsweisen. Diese werden nicht begrenzt durch Eigentumslogik, Profitorientierung, Konkurrenz sowie Ausbeutungs- und Herrschaftsverhältnisse.
Klimagerechtigkeit
Europäische Staaten und Unternehmen zerstören im Globalen Süden Lebensgrundlagen, rauben Ressourcen, beuten Menschen und Natur aus und sind massgeblich mitverantwortlich für die Klimakrise. Gleichzeitig werden weltweit mehr Menschen durch die Klimakrise und Umweltkatastrophen als durch Gewalt und Konflikte vertrieben. Migration ist oft eine der letzten Optionen, um sich an die veränderten Lebensbedingungen anzupassen.
Bewegungs- und Bleibefreiheit erfordern, dass die Welt ein lebenswerter Ort bleibt. Deshalb kämpfen wir für Klimagerechtigkeit und eine ökologisch nachhaltige Welt.
Strategische Ziele
Um unseren politischen Perspektiven zu verfolgen, orientieren wir uns an folgenden strategischen Zielen:
Europäisches Migrations-, Grenz- und Asylregime bekämpfen
Mit Blick an die europäischen Aussengrenzen leisten wir einen Beitrag im Kampf gegen das offizielle Sterbenlassen, die militarisierte Abschottung und die Normalisierung der Polizeibrutalität.
Im Innern Europas fokussieren wir auf die Verhältnisse im Asyl- und Migrationsregime. Das Asylregime unterteilt sogenannte «echte» und «unechte» Geflüchtete und rechtfertigt damit deren Entrechtung, die Isolation in Lagern oder Ausschaffungen.
Das Migrationsregime schafft Hierarchien, Spaltung, Konflikte und Konkurrenz durch eine Vielzahl an Aufenthaltsstatus. Dies führt zudem zu rassistisch segmentierten Arbeits- und Wohnungsmärkten, zu Ungleichheiten bei Bildung, Gesundheit und sozialer und politischer Anerkennung, zu diskriminierenden Citizenship-Rechten, Gesetzen und Behördenpraktiken u.v.m.
Im Globalen Süden zeigen sich diese Regime in der Externalisierung der Grenzabwehr, in der rassistischen Visa-Politik, die vorwiegend den Interessen des europäischen Kapitals dient, in der interessengeleiteten Entwicklungszusammenarbeit sowie den internationalen und bilateralen Migrationsabkommen, die oft einseitig an europäische Abschottungsziele gekoppelt werden.
Im weiteren Sinne sind die Regime Machtinstrumente, um kolonialen Kontinuitäten und die Ausbeutung des Planeten zu sichern. Sie fördern daher auch Hungersnöten, Umweltkatastrophen, Kriegen, Besatzungen, Plünderungen und Ausbeutung von Natur und der Arbeitskraft. Wir wollen das europäische Migrations-, Grenz- und Asylregime ganzheitlich bekämpfen, indem wir stets auf diese Zusammenhänge hinweisen.
Abschaffen und Aufbauen
Um die Bewegungs- und Bleibefreiheit sowie soziale und ökologische Gerechtigkeit zu erreichen, streben wir eine abolitionistische Praxis an. Das bedeutet, den Herrschenden die Gewalt- und Machtmittel zu entziehen, ihre Institutionen radikal in Frage zu stellen und anzugreifen, um sie auf Dauer abzuschaffen. Kapitalismus, Kolonialismus, Rassismus, patriarchale Strukturen und andere Herrschaftsverhältnisse können nicht bloss humaner gestaltet werden. Sie sind in ihrem Fundament gewaltvoll, unterdrückerisch, ausbeuterisch und nur minimal reformierbar. Sie gehören abgeschafft. Parallel dazu wollen wir neue Strukturen aufzubauen, die Bewegungs- und Bleibefreiheit sowie soziale und ökologische Gerechtigkeit für alle ermöglichen. Die neuen Strukturen sollen im Kleinen aufzeigen, wohin die Reise im Grossen führen könnte.
Kräfteverhältnisse verschieben
Um die treibenden und tragenden Akteur*innen der Todespolitik zurückzudrängen, leisten wir einen Beitrag dazu, dass diesen Akteur*innen durch Kritik die Autorität, durch Widerstandsfähigkeit die Macht- und Gewaltmittel und/oder durch defund-Strategien der finanzielle Rückhalt entzogen wird. Um die Kräfteverhältnisse zu verschieben, arbeiten wir zudem an der Dekonstruktion der vorherrschenden Diskurse und Vorstellungen mit. Die Todespolitiken sollen an Legitimität verlieren und unsere politischen Diskurse und Werte an Gewicht gewinnen. Unsere politischen Perspektiven und strategischen Ziele sollen bekannt und nachvollziehbar sein, damit sie von vielen begehrt und verfolgt werden können.
Global vernetzt kämpfen
Unsere politischen Perspektiven erfordern global vernetzte Kämpfe. Lokale oder nationale Beschränkungen begrenzen die Chance, die herrschenden Todespolitiken herauszufordern und zu überwinden. Zudem lässt sich gemeinsam am ehesten eine Politik für alle gestalten. Eine Politik, die sich an der Befreiung aller interessiert und sich verabschiedet von Konkurrenz- und Herrschaftsverhältnissen, die Menschen spalten und gegeneinander aufhetzen.
Klare Struktur
Die Struktur soll uns erlauben, die politischen Perspektiven und strategischen Ziele zu verfolgen und die organisatorischen Aufgaben zu erledigen. Die Strukturen sollen einen Rahmen schaffen, der innerhalb der Bfa Verantwortungsübernahme, Commitment, Transparenz und Vertrauen fördert.
Teil sein
Wer von unseren politischen Perspektiven, strategi schen Zielen, organisatorischen Aufgaben sowie demokratischen Strukturen überzeugt ist und sich einbringen will, kann Teil der Bfa sein. Organisierte Personen erhalten regelmässig Informationen und Einladungen zu den Aktivitäten und Treffen. Um aktiv mitzugestalten und mitzuentscheiden ist es wichtig sich an den Strukturen und Aktionen zu beteiligen.
Vollversammlung
Zwei Mal pro Jahr – im Januar und nach den Sommerferien – finden Vollversammlungen statt. Ausgehend von den politischen und strategischen Perspektiven und den aktuellen Entwicklungen und Erfahrungen werden mittelfristige Ziele festgelegt. Alle können hierfür Vorschläge einbringen. Anliegen und Entwicklungen von Rollen, Arbeitsgruppen und Plena werden ebenfalls aufgegriffen.
Plena
Für Updates und Entscheidungen betreffend Umsetzungs- und Gestaltungsfragen findet einmal pro Monat ein längeres Plenum statt. Für Kurzfristigeres finden je nach Bedarf zusätzliche Plena statt.
Arbeitsgruppen und Rollen
Die Vollversammlung und die Plena können einzelne Ziele und konkrete Aufgaben an einzelne Personen oder Arbeitsgruppen delegieren. Im Rahmen ihres Mandates können diese autonome Entscheidungen treffen. Sie können auch Vorschläge zuhanden der Plena und der Vollversammlung machen.